Sachverhalt:
Ein deutscher Unternehmer U4 (=Empfänger) bestellt bei seinem österreichischen Lieferanten U3 (=2. Erwerber) eine Maschine. Dieser wiederum bestellt die Maschine beim italienischen Großhändler U2 (=1. Erwerber). Da der Großhändler U2 die Maschine nicht auf Lager hat, bestellt er diese beim ungarischen Produzenten U1 (=Erstlieferant). Der italienische Großhändler U2 holt die Maschine vom ungarischen Produzenten U1 ab und liefert diese direkt an den deutschen Unternehmer U4. Der italienische Großhändler U2 (=Zwischenhändler) tritt mit seiner ungarischen UID-Nummer auf und teilt diese vor Beginn der Beförderung (bzw. Versendung) dem ungarischen Produzenten U1 mit. Kurzbeschreibung des Dreiecksgeschäfts:
- Registrierungspflichten:
- Der italienische Unternehmer U2 muss sich im Abgangsland Ungarn registrieren lassen.
- Gemäß der neuen Definition in Art. 25 UStG liegt in diesem 4-gliedrigen Reihengeschäft ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft zwischen U2, U3 und U4 vor. Für den mittleren Unternehmer eines Dreiecksgeschäfts (in diesem Beispiel der österreichische Unternehmer U3) ist keine Registrierung im Bestimmungsland erforderlich.
- "Lieferung 1" von U1 (Ungarn) an U2 (Italien)
- "Lieferung 2" von U2 (Italien) an U3 (Österreich)
- "Lieferung 3" von U3 (Österreich) an U4 (Deutschland)
- Besondere Merkmale dieses Dreiecksgeschäfts
- Da der italienische Unternehmer U2 gegenüber dem ungarischen Unternehmer U1 seine ungarische UID-Nummer angibt, findet die Bestimmung des § 3 Abs. 15 Z 1 lit. b UStG (Art. 36a Abs. 2 MwStSystRL) Anwendung. Dadurch verlagert sich die bewegte Lieferung auf das Umsatzgeschäft zwischen U2 und U3 und die Vereinfachungsregelungen für Dreiecksgeschäfte können angewendet werden. Deswegen muss sich der österreichische Unternehmer U3 nicht im Bestimmungsland Deutschland registrieren lassen.
- Mit dem AbgÄG 2022 wurde der Art. 25 UStG zum 01.01.2023 geändert. Durch die neue Definition für Dreiecksgeschäfte in Art. 25 Abs. 1 UStG iVm. Art. 25 Abs. 3 UStG liegt nun nach österreichischem Recht in diesem 4-gliedrigen Reihengeschäft ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft zwischen U2, U3 und U4 vor (siehe auch RZ 4295 Beispiel 2 UStR). Durch die Anwendung der Vereinfachungsregelungen für Dreiecksgeschäfte gem. Art. 25 UStG geht die Steuerschuld des österreichischen Unternehmers U3 auf den deutschen Unternehmer U4 über (Reverse-Charge-Verfahren). Zu beachten ist allerdings, dass nicht in allen Mitgliedsstaaten die Vereinfachungsregelungen für Dreiecksgeschäfte im Rahmen von 4-gliedrigen Reihengeschäften angewendet werden dürfen.
Detailbeschreibungen aus der Sicht der einzelnen Unternehmer: Aus der Sicht des Erstlieferanten U1 (aus Ungarn):Ausgangsrechnung:
- Fakturierung:
Diese Lieferung ist in Ungarn (U1) steuerbar. Die Rechnung muss daher mit 27 % ungarischer Umsatzsteuer unter Angabe der eigenen (ungarischen) UID-Nummer ausgestellt werden.
- Umsatzsteuervoranmeldung (UVA):
Erfassung des Umsatzgeschäfts als steuerpflichtige (Inlands-)Lieferung.
Aus der Sicht des 1. Erwerbers U2 (aus Italien):Registrierung:- Der italienische Unternehmer U2 muss sich im Abgangsland Ungarn registrieren lassen und gegenüber U1 und U3 mit seiner ungarischen UID-Nummer auftreten. Die nachfolgend angeführten Eintragungen sind dementsprechend in der ungarischen UVA, ZM und Intrastat einzutragen.
Eingangsrechnung:
- UVA (beim ungarischen Finanzamt):
Die in der Eingangsrechnung enthaltene ungarische Umsatzsteuer kann als Vorsteuer geltend gemacht werden und ist dementsprechend in der UVA zu erfassen.
Ausgangsrechnung:
- Fakturierung:
Rechnung ohne Umsatzsteuer mit dem Hinweis auf die Steuerbefreiung (Innergemeinschaftliche Lieferung) gem. Art. 6 UStG iVm. Art. 7 UStG (oder alternativ mit Verweis auf Art. 138 der Richtlinie 2006/112/EC) und Angabe der eigenen ungarischen UID-Nummer sowie der (österreichischen) UID-Nummer des österreichischen Unternehmers U3. Auf dieser Rechnung erfolgt kein Hinweis auf das Dreiecksgeschäft!
- UVA (beim ungarischen Finanzamt):
Erfassung des Umsatzgeschäfts als innergemeinschaftliche Lieferung.
- ZM (beim ungarischen Finanzamt):
Erfassung als (innergemeinschaftliche) Lieferung an die (österreichische) UID-Nummer des österreichischen Unternehmers U3. Keine Kennzeichnung als Dreiecksgeschäft!
- Intrastat-Meldung (bei der ungarischen Behörde):
Versendungsmeldung mit Bestimmungsland Deutschland. Seit 2022 sind auch das Ursprungsland und die deutsche UID-Nummer des deutschen Unternehmers U4 verpflichtend anzugeben. Sollte der Endkunde U4 im Bestimmungsland unbekannt sein, so ist ersatzweise als UID-Nummer das zweistellige Länderkürzel des Rechnungsempfängers (U3) anzugeben und die übrigen Stellen sind mit "9" aufzufüllen (AT999999999999).
Aus der Sicht des 2. Erwerbers U3 (aus Österreich):Eingangsrechnung:
- Umsatzsteuervoranmeldung (UVA):
Die Eingangsrechnung enthält keine Umsatzsteuer. Der innergemeinschaftliche Erwerb des Erwerbers U3 im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts gilt als besteuert und ist lediglich unter "Erwerbe gem. Art. 3 Abs. 8 UStG zweiter Satz, die gem. Art. 25 Abs. 2 UStG im Inland als besteuert gelten" zu erfassen. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer U3 nachweist, dass ein solches Dreiecksgeschäft vorliegt und er seiner Erklärungspflicht (durch Aufnahme der Ausgangsrechnung an U4 in die Zusammenfassende Meldung) nachgekommen ist. D.h. obwohl der Unternehmer U2 eine innergemeinschaftliche Lieferung meldet, hat der Unternehmer U3 keinen innergemeinschaftlichen Erwerb zu melden.
- Intrastat-Meldung:
Bei Dreiecksgeschäften hat der mittlere Unternehmer des Dreiecksgeschäfts (in diesem Beispiel der zweite Erwerber U3) keine Meldepflicht.
Ausgangsrechnung:
- Fakturierung:
Die Rechnung muss ohne Umsatzsteuer ausgestellt werden und folgende Hinweise enthalten: "Dreiecksgeschäft gem. Art. 25 UStG" (oder alternativ mit Verweis auf Art. 141 der Richtlinie 2006/112/EC) und "Übergang der Steuerschuld gem. Art. 25 Abs. 5 UStG" (oder alternativ mit Verweis auf Art. 197 der Richtlinie 2006/112/EC) (siehe auch RZ 4062 UStR). In der Rechnung muss neben der eigenen (österreichischen) UID-Nummer die (deutsche) UID-Nummer des deutschen Unternehmers U4 angegeben werden.
- Umsatzsteuervoranmeldung (UVA):
Aufgrund der Vereinfachungsregelungen für Dreiecksgeschäfte geht die Steuerschuld aus dieser Lieferung auf den deutschen Unternehmer U4 über. Es erfolgt daher kein Eintrag in der UVA.
- Zusammenfassende Meldung (ZM):
Erfassung des Umsatzgeschäfts an die (deutsche) UID-Nummer des deutschen Unternehmers U4 und Kennzeichung als Dreiecksgeschäft.
Aus der Sicht des Empfängers U4 (aus Deutschland):
Eingangsrechnung:
- Umsatzsteuervoranmeldung (UVA):
Die Eingangsrechnung enthält keine Umsatzsteuer, jedoch den Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts und den Übergang der Steuerschuld. Der deutsche Unternehmer U4 hat daher die Steuer nach den deutschen Steuersätzen selbst zu berechnen und einerseits als "Steuerschuld gem. Art. 25 Abs. 5 UStG" und andererseits als "Vorsteuern betreffend die Steuerschuld gem. Art. 25 Abs. 5 UStG" in der UVA zu erfassen. Dieser Vorgang ist ein Nullsummenspiel und ergibt keine Zahllast.
- Intrastat-Meldung:
Eingangsmeldung mit Versendungsland Ungarn.
Anmerkungen zum Dreiecksgeschäft:
- Obige Detailbeschreibungen aus der Sicht der einzelnen Unternehmer stellen nur einen Anhaltspunkt dar, wie die steuerrechtliche Beurteilung wäre, wenn in Ungarn und in Deutschland die österreichischen Gesetze gelten würden. Ebenso in der Reihengeschäft-Skizze wie auch in der Kurzbeschreibung wurden nationale Abweichungen zur österreichischen Gesetzeslage nicht berücksichtigt!
- Die genauen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Vereinfachungsregeln für Dreiecksgeschäfte finden Sie unter www.dreiecksgeschaeft.at.
- Die Beurteilung dieses Dreiecksgeschäfts aus dt. Sicht finden Sie im reihengeschaeftrechner.de (sowie in der englischen Version im chaintransaction-calculator.de).
- Alternativlösung A: Wenn die Vereinfachungsregelungen für Dreiecksgeschäfte nicht angewendet werden sollen oder dürfen (beispielsweise, wenn der österreichische Unternehmer U3 in Deutschland ein Unternehmen betreibt oder eine Betriebsstätte hat), dann ist die Lieferung von U3 an U4 in Deutschland steuerbar (19% dt. USt) und der österreichische Unternehmer U3 muss sich gegebenenfalls in Deutschland registrieren lassen. Diese Variante sollte auch dann in Erwägung gezogen werden, wenn Länder beteiligt sind, die eine Anwendung der Dreiecksgeschäftregelung im Rahmen von viergliedrigen Reihengeschäften ablehnen.
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